Der Reichserzkanzler
Der Reichserzkanzler hatte die Kaiser- oder Königswahl in Frankfurt zu leiten und das Krönungshochamt zu zelebrieren. Zudem ernannte er das Personal der Reichshofkanzlei und führte das Reichsarchiv. Ebenso konnte er dank seiner Oberaufsicht über das kaiserliche Bücherkommissariat die mediale Öffentlichkeit steuern. Schließlich hatte Kurmainz das Direktorium (also eine Art Präsidentschaft) auf dem Immerwährenden Reichstag inne, was dem Erzkanzler erlaubte, die zu verhandelnden Gegenstände zu beeinflussen.
Die drei geistlichen Kurfürsten waren Erzkanzler für jeweils einen der drei Reichsteile: Der Erzbischof von Mainz für Germanien, der Erzbischof von Köln für Italien und der Erzbischof von Trier für Burgund. Auch die weltlichen Kurfürsten hatten Erzämter inne. Der Pfalzgraf bei Rhein war Erztruchsess, der Herzog von Sachsen Erzmarschall, der Markgraf von Brandenburg Erzkämmerer und der König von Böhmen Erzmundschenk. Mit den Änderungen im Kurkolleg kamen dann weitere Erzämter hinzu.
So fiel 1623 das Erztruchsessenamt an die Herzöge von Bayern während sich die Pfalzgrafen im Westfälischen Frieden zusammen mit der neu geschaffenen achten Kur mit dem Amt des Erzschatzmeisters begnügen mussten. 1692 wurden die Herzöge von Braunschweig-Lüneburg zu Kurfürsten von Hannover erhoben, verbunden mit dem Amt des Erzbannerträgers. Durch den Reichsdeputationshauptschluss von 1803 wurden kurzfristig vier neue Kuren für das Erzbistum Salzburg, das Herzogtum Württemberg, die Markgrafschaft Baden und die Landgrafschaft Hessen(-Kassel) geschaffen. Dabei erhielt Württemberg das Erzbanneramt. Die vier neuen Kurfürsten konnten ihre Erzämter aber nie ausüben, da 1806 das Heilige Römische Reich aufgelöst wurde.
Von allen diesen Ämtern war aber das des Reichserzkanzlers für Germanien das Wichtigste. Während die Ämter der weltlichen Kurfürsten rein zeremoniellen Charakter bei den Krönungen hatten, verloren die Erzkanzler für Burgund und Italien mit dem Ausgang des Mittelalters ihre unmittelbaren Aufgaben. Anders der Reichserzkanzler für Germanien, der als zweiter Mann im Reich bis zum Ende des Heiligen Römischen Reiches 1806 eine ganze Reihe sehr wichtiger Funktionen auszufüllen hatte.
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